World Wide Nachsitzen Episode I: Filter

Im Zeitalter der Digitalität basiert das Wissen im Internet nicht, wie einst gehofft, auf der freien globalen Kommunikation von ungefilterten Informationen. Jeder, der Daten sendet, kann potentiell überwacht werden und Software strukturiert unser Denken mit. Filterkompetenz ist demnach in zweifacher Hinsicht gefordert: Es gilt zum Einen die richtigen Fragen zu stellen, um an die für die Recherche relevanten Schnittstellen zu gelangen und es gilt zum Anderen zu verstehen, durch welche Filter die im World Wide Web kursierenden Daten gelaufen sind. All dies hat weitreichende Folgen: Unsere Vorstellung von Wissen und Bildung, unserer Umgang mit Informationen und – daraus folgend – unsere Lernbewegungen verändern sich.

Die Entstehung des Internets ist eng mit Entwicklungen in Bereichen der Kunst und Subkultur verbunden. Stewart Brand veröffentlichte zwischen 1968 und 1972 den Whole Earth Cataloge, in dem erstmals der Personal Computer als anti-hierarchisches Werkzeug vorgestellt wurde. Die offene Struktur des Netzes sollte allen dienen, die individuelle Freiheit jedes Einzelnen gewährleisten und unbegrenzte Meinungsäußerung und Kommunikation ermöglichen. Besonders Bildung und Selbstorganisation standen im Whole Earth Cataloge im Fokus. So wurde ein Artikel nur dann in den Katalog aufgenommen, wenn er 1. als Werkzeug nützlich ist und 2. für die unabhängige Erziehung relevant. Heute müssen wir feststellen, dass die positiven Erwartungen, die es in den 1960er Jahren an die Kybernetik und das World Wide Web gegeben hat, nicht erfüllt wurden. Dennoch haben digitale Netzwerke zusätzliche Handlungsmöglichkeiten geschaffen, die auch produktiv genutzt werden können.

Die zentralen Fragen des Projekts lauten daher: Wie haben sich unter den Voraussetzungen der Digitalität Wissensdispositive und –ordnungen und Lernbewegungen verändert? Welche Handlungsräume und Selbstbildungsformen lassen sich hieraus ableiten und welche Rolle spielen hierbei künstlerische Praktiken?

Mit World Wide Nachsitzen wollen wir diese Fragen verhandeln. Wir nehmen dazu eine transdisziplinäre Perspektive ein, die sich aus Kunst, Philosophie und Wissenschaft speist. Methodisch arbeiten wir ebenso diskursiv-reflexiv, wie wir in Zusammenarbeit mit Künstlern, Informatikern und anderen Praktikern Formate des Machens und Erprobens entwickeln.

Unter dem Dach des WWN werden wir einen Salon, ein Kino und ein Demonstrationsbüro einrichten. Hierbei wird das Motiv des Filters aus diversen Perspektiven diskutiert, praktiziert und zur Aufführung gebracht.

Mit Matthias Meyer, Britta Peters, Manuel Zahn, Lena Ziese und Gästen.

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Welt–Prosecco–Bericht

Für Studierende, die an einem intensiven praktischen Arbeitsprozess interessiert sind, der über einfache, schnelle, fragmentarische Bilder funktioniert und mit kleinen Filmen, Interviews, Streams, Video-Clips oder Trickfilmen dokumentiert wird.
Für Studierende, die eigenständig ein Spielfeld, das außerhalb der Kunst liegt, suchen, beleuchten und bespielen wollen. Z.B. können im Bereich der Meeresbiologie die physikalischen Vorgänge im Meer, wie ozeanische Akustik, Schallgeschwindigkeit, Turbulenzen, Wellen und Strömungen visuell untersucht werden. Oder man entwickelt aus der Perspektive eines Stadtplaners für einen spezifisch städtischen Raum modellhaft Zukunftsoptionen für alternative Nutzungsmöglichkeiten.
Aus den jeweiligen Arbeitsbereichen von Interesse werden wir Experten einladen oder besuchen, um die gewonnen Eindrücke aus künstlerischer Perspektive weiterzuverarbeiten.

Mit Jan Köchermann